Montag, 17. März 2014

Ein Avocadobaum namens Katharina

Letzte Woche war ich mit der Arbeit zum ersten Mal "in the field", was so viel bedeutet wie raus aus Kampala und die Projekte vor Ort besuchen. Meine Aufgabe war es Erfolge unserer Projekte in der Nähe von Gulu und Dokolo mit der Kamera festzuhalten.

Am Dienstag sollte es losgehen, allerdings ist mein Chef am Montag gegangen ohne die Kamera dazu lassen und Geld hatte ich auch noch keines bekommen. Also ging es anstatt nach Gulu erstmal ins Büro. Mein Chef war völlig überrascht, dass ich fahre, aber hatte immerhin die Kamera dabei und Geld gab es nach etwas Diskussion auch. Sie wollten, dass ich selber zahle, da ich in Gulu bei einem Freund übernachte und das ja dann privat wäre. Die sollen doch lieber froh sein, dass sie sparen, wenn ich mir die Übernachtungsgelegenheit selber organisiere.

Beladen mit meinen Rucksäcken konnte es dann endlich losgehen. Um 10.30 Uhr kam ich am Buspark an, wo mich natürlich alle gleich in ihren Bus lotsen wollten. Nach Gulu fuhr aber im Buspark nur einer. Es gibt noch welche, die von ihren Depots aus fahren, aber das hab ich noch nicht so ganz raus. Nach langem Warten fuhr der Bus dann um 12 Uhr endlich ab. Die Fahrt war größtenteils ganz angenehm. Durch die offenen Fenster kam heiße Luft und Staub rein, aber ich hatte zum Glück die sonnenabgewandte Seite. Einmal gab es eine Pinkelpause, die ich vorsichtshalber nutzte. Das war eine gute Entscheidung, denn danach wurde die Straße dann doch zunehmenden schlechter und ich ordentlich durchgerüttelt. Teilweise hatte der Bus ziemliche Schräglage, wenn Gegenverkehr kam oder wir überholt haben, teilweise fuhren wir Schlangenlinien, um den Schlaglöchern auszuweichen. Nach 6,5h Fahrt kam ich dann aber heil, verschwitzt und total verstaubt in Gulu an und konnte mich erstmal bei Laurenz (auch Freiwilliger in Gulu) mich erholen und duschen. Die Dusche war sogar richt lauwarm, da der Wassertank durch die Sonne gut aufgeheizt war.

Am naechsten Tag sollte es dann in die Doerfer gehen. Allerdings war die Kommuniation mit meiner Kollegin, die in Gulu arbeitet, etwas schwierig. Aber irgendwie hat sie mich dann doch gefunden und nachdem meine Haare mit Schal verbunden waren, gegen den Staub, und ich von ihr noch eine Jacke bekommen habe, konnte es auf dem Motorrad los gehen. Insgesamt standen 3 Doerfer auf unserem Tagesprogramm. Das erste hatten wir recht schnell erreicht, da es sehr nah an der Hauptstrasse liegt. Von den Dorfbewohnern wurden wir schon erwartet und uns sofort ein Stuhl gebracht. Dann haben sie sich vorgestellt und wir uns und ihnen erklaert wieso wir da sind. Bevor wir mit dem drehen anfangen konnten, wurde noch gebetet und dann haben die Dorfbewohner berichtet, was sie sich dank des Projektes jetzt leisten koennen, meistens die Schulgebuehren und Kosten fuer Medikamente, und wie sich ihre Situation verbessert hat. Ich habe die ganzen Gespraeche gefilmt und meine Kollegin uebersetzt. Bei dem Projekt ging es um die Produktion von Erdnuessen. Die Zielgruppe waren vor allem ehemalige Kaempferinnen und junge Menschen. Wir haben ihnen Techniken zur Steigerung der Ernte beigebracht und die Doerfer in Savinggroups zusammengeschlossen. Einmal pro Woche trifft sich die Dorfgemeinschaft jetzt und jeder gibt soviel er kann ins Sparschwein. Es gibt ein Topf fuer allgemeines Sparen, aus dem man Kredite mit 10% Zinsen bekommen kann(normalerweise haben diese Menschen gar kein Zugang zu Krediten). Der zweite Topf ist fuer Notfaelle, insbesondere bei Krankheit. Daraus gibt es Kredite ohne Verzinsung. Nachdem jeder in die Toepfe eingezahlt hat, was akribisch vom Sekretaer (immer ein Mann, da die Frauen weder lesen noch schreiben koennen) in einem Buch festgehalten wird, koennen Antraege auf Kredite gestellt werden. Meistens wollen sie Kredite fuer ihre kleine Laeden oder Restaurants, um Schweine zu kaufen oder um eben Schulgeld zu bezahlen. Die ganze Gruppe muss dem Kredit zustimmen und er wird dann in woechentlichen Raten, so viel man eben kann, zurueckgezahlt. Diese ganze Prozedere haben wir bei der dritten Gruppe gefilmt.

Die zweite Gruppe wurde zu meiner Lieblingsgruppe. Dort konnte der Sekretaer Englisch und war sehr engagiert. Irgendwie fuehlt man sich schon besser, wenn man mit den Menschen verbal kommunizieren kann. Sofort nachdem wir nach einer etwas laengeren Fahrt auf Staubpisten ankamen, hat die Gruppe ihre Erdnussentschaelmaschine (oder wie das Teil auch immer heisst) geholt und uns gezeigt wie sie funktioniert. Die geschaelten Erdnuesse habe ich geschenkt bekommen. Die Gruppe hat als weitere Einnahmequelle neben den Erdnuessen angefangen Obstbaeume zu pflanzen. Da man als Weisser natuerlich Ehrengast ist, hatte ich die Ehre den naechsten Baum zu pflanzen, und dabei die ganze Gruppe durch meine nicht vorhandenen landwirtschaftlichen Kuenste zu unterhalten. Auf jeden Fall steht in der Naehe von Gulu nun ein Avocadobaum namens Katharina.
 Baum pflanzen Erdnüsse schälen

Nach dem Besuch war es Zeit Mittag zu essen. Leider nicht so einfach, wenn man mitten in der Pampa ist. Die Huetten der Doerfer sind sehr verteilt und es gibt dann alle paar Kilometer eine Art Zentrum mit ein paar Laeden und jemandem, der kocht. Im ersten Zentrum hatten wir aber Pech. Das ganze Essen war schon ausverkauft. Also wieder aufs Motorrad und zum naechsten. Dort gab es immerhin noch Posho und Ziege. Da ich so Hunger hatte, hab ich mich mal bequemt Posho zu essen. Es ist so ziemlich das einzige Essen hier, das ich wirklich nicht mag. Immerhin etwas gesaettigt, konnte es zur letzten Gruppe gehen, wo wir das Sparen gefilmt haben. Auf dem Rueckweg hab ich echt gedacht, dass ich bald vom Motorrad fall. Ein Tag auf so einem Teil ist ganzschoen anstrengend und inzwischen hatten wir noch Zuckerrohr und Casava aufgeladen. Total muede, verstaubt, dank Kopftuch und Jacke, aber ohne groesseren Sonnenbrand, kam ich wieder zurueck nach Gulu ins Stadtleben mit Dusche und Strom, und leckeren Spaghettis beim Aethiopier zum Abendessen.

Am naechsten Tag ging die Reise schon weiter nach Dokolo. Nach weiteren Kommunikationsschwierigkeiten, erst hiess es ich soll um 7Uhr den Bus nehmen, dann hiess es ich werde um 10 Uhr abgeholt, und letztendlich stand meine Kollegin um 7.30 Uhr vor der Tuer, habe ich es in den Bus geschafft, der puenktlich um 8 Uhr losfuhr. Ueber Lira ging es nach Dokolo, einer Kleinstadt, ca. 16 000 Einwohner, im Nirgendwo von Uganda. Auch dort gibt es eine Kollegin, die mich erstmal willkommen geheissen hat und mir die zwei Schlafmoeglichkeiten gezeigt hat. Entweder ein neues Gaestehaus fuer 20.000 UGX oder das einzige Hotel fuer 36.000 UGX die Nacht. Nachdem das Gaestehaus keine Fenster hatte, hab ich mich dann doch fuer das Hotel entschieden, mit warmer Dusche. Da mein Kollege aus Kampala erst abends ankommen sollte, hatte ich den ganzen Mittag Zeit. Ich hab mir etwas die Stadt (eine Strasse und ein Kreisverkehr) angeschaut und mein Schuh reparieren lassen (fuer 500 UGX).

Am naechsten Tag gab es dann das gleiche Programm fuer Dokolo. Hier gibt es das gleiche Projekt mit Sonnenblumen anstatt Erdnuessen. Zusaetzlich gibt es noch ein Projekt, das die Schulbildung von Maedchen foerdert. Die Eltern, Lehrer etc. werden sensibilisiert die Maedchen in die Schule zu schicken. Ausserdem wurde an die Maedchen wiederverwendbare Binden verteilt, sodass sie auch waehrend ihrer Periode in die Schule gehen koennen. Fuer dieses Projekt haben wir verschiedene Lokalpolitiker interviewt und ein Maedchen. Leider war das Interview mit dem Maedchen auf Acholi, sodass ich nichts verstanden habe. Aber an der Schule waren wir auf jeden Fall ein Highlight. Auf dem Weg zurueck ins Hotel (20km) sind wir in ein Platzregen geraten. Der erste Regen seit November und ich erleb ihn natuerlich. Da es keine Unterstellmoeglichkeit auf dem Weg kam, blieb uns nichts anderes uebrig als weiterzufahren. Pitschnass bis auf die Unterwaesche bin ich dann im Hotel angekommen und war zum ersten Mal richtig froh eine warme Dusche zu haben.
 Primary School im Dokolo Distrikt
Dorf im Dokolo Distrikt


 Buspark in Lira
 Karuma Falls